Punkten für das Gemeinwohl
und die SDGs
Ein Leitfaden von Matthias Kasper und Gerd Hofielen
Dieser Leitfaden richtet sich an Unternehmen und Organisationen, die sich mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung beschäftigen und einen Beitrag zu deren Umsetzung leisten möchten. Als wesentlicher strategischer und ökonomischer Steuerungsansatz dienen dabei das Modell der Gemeinwohl-Ökonomie und das dazugehörige Steuerungsinstrument der Gemeinwohl-Bilanz, das aus Sicht der Universität Bremen ein hohes Ambitionsniveau bei der Umsetzung der SDGs anstrebt.
Die Herangehensweise dieses Leitfadens ist stark handlungsorientiert, d.h. es soll vor allem die Frage beantwortet werden, wie Unternehmen die Umsetzung der SDGs im Rahmen ihrer Aktivitäten unterstützen können und inwiefern sie die Gemeinwohl-Bilanz als Unternehmens- bzw. Organisationskompass nutzen können.
Er gewährt einen allgemeinen Einblick in die Agenda 2030 der Vereinten Nationen und zeigt auf, welche Rolle Unternehmen bei der Umsetzung der SDGs spielen können, welchen Beitrag die Gemeinwohl-Ökonomie zu den Sustainable Development Goals leisten kann und inwiefern Unternehmen die Gemeinwohl-Bilanz zur Steigerung ihrer SDG-Performance nutzen können.
Der Hauptteil des Leitfadens geht näher auf alle 17 Ziele ein und erläutert, mit welchen Gemeinwohl-Praktiken ein spezifisches SDG gefördert werden kann. Dabei wird gezeigt, welche globale(n) Herausforderung(en) das jeweilige SDG aus Sicht der Vereinten Nationen adressieren soll und in welchen Handlungsfeldern Unternehmen zur Umsetzung der jeweiligen SDGs beitragen können.
Verfassungswerte fördern
Die Gemeinwohl-Matrix verbindet die Werte, die das Gelingen von Beziehungen sowie ein gutes Leben fördern, mit den wichtigsten Bezugsgruppen von Unternehmen und Organisationen. Diese Werte sind weltweit auch in den meisten Verfassungen verankert.
Bilanz und Entwicklung
Die Matrix gibt so die 20 Themenfelder für die Kennzahlen der Gemeinwohl-Bilanz vor. Mit ihr kann nicht nur das Ergebnis einer Gemeinwohl-Bilanz kompakt auf einen Blick dargestellt werden, sondern auch die Entwicklung seit der letzten Bilanz.
OpenSource in die Zukunft
Die Gemeinwohl-Matrix ist ein OpenSource-Werkzeug zur Transformation von Unternehmen und Organisationen und als Leitfaden zur Zukunftsfähigkeit eine hilfreiche Landkarte, die zeigt, welche Wege zu mehr Gemeinwohl schon erfolgreich gegangen werden und welche Wege noch zu gehen sind.
Pioniere und Leuchttürme für eine enkeltaugliche Zukunft
Viele Unternehmen arbeiten bereits sehr nachhaltig und engagieren sich gesellschaftlich. Mit der Gemeinwohl-Bilanz können sie diese Entwicklung vergleichbar dokumentieren, glaubwürdig kommunizieren und sich als Leuchtturm für Gemeinwohl und Nachhaltigkeit zeigen.
Die 20 Fokusfelder der Gemeinwohl-Matrix
Ein Klick auf die Matrixfelder zeigt weitere Informationen zum jeweiligen Fokusthema an.
Die Produkte und Dienstleistungen, die ein Unternehmen zukauft, sind mit einer Vielzahl an gesellschaftlichen Auswirkungen verbunden. Diese können sowohl positiv als auch negativ sein. Besonders wichtig sind die Arbeitsbedingungen aller Mitarbeitenden in der gesamten Zulieferkette. Ein Unternehmen ist für das Wohlergehen aller Menschen – auch bei seinen Lieferant*innen und Vorlieferant*innen – mitverantwortlich. Ein GWÖ-Unternehmen … Unternehmen haben Mitverantwortung, entlang der Zulieferkette einen fairen und solidarischen Umgang aller Beteiligten untereinander einzufordern sowie aktiv zu fördern. Jedes Unternehmen kann sich über die sozialen Risiken und mögliche Missstände in der Lieferkette informieren, seine Forderungen kommunizieren und entsprechende Kaufentscheidungen treffen. Ein GWÖ-Unternehmen erkennt seine Mitverantwortung für Solidarität und Gerechtigkeit in der gesamten Zulieferkette und gestaltet sein unternehmerisches Handeln entsprechend. Jedes Unternehmen ist mit Umweltauswirkungen in der Zulieferkette konfrontiert und kauft diese mit den bezogenen Rohwaren, Produkten und Dienstleistungen mit ein. Unternehmen sind daher für die ökologische Nachhaltigkeit in ihrer Zulieferkette mitverantwortlich. Das Ziel ist es, zur Reduktion der Umweltauswirkungen in der gesamten Zulieferkette beizutragen. Ein GWÖ-Unternehmen ... Unternehmen haben die Mitverantwortung, entlang der Zulieferkette einen transparenten und partizipativen Umgang aller Beteiligten untereinander einzufordern und aktiv zu unterstützen. Jedes Unternehmen kann sich über entsprechende Risiken und mögliche Missstände in der Zulieferkette informieren, Forderungen kommunizieren und Kaufentscheidungen treffen. Ein GWÖ-Unternehmen erkennt seine Mitverantwortung für Transparenz und gemeinsame Entscheidungsfindung in der gesamten Zulieferkette und gestaltet sein unternehmerisches Handeln entsprechend. Eine werte- und gemeinwohlorientierte Haltung versteht Geld nicht als Hauptziel, sondern nur als Mittel des Zahlungsverkehrs. Wichtig im Umgang mit Geld ist die Achtung der Menschenwürde vor finanziellen Interessen. Hohe Ausstattung mit Eigenmitteln bedeutet finanzielle Unabhängigkeit und schützt das Unternehmen vor unerwünschten externen Einflüssen. Jede Kreditaufnahme ist ein Versprechen auf eine Steigerung der Wertschöpfung, um Zinsen und Rückzahlung leisten zu können. Fremdmittel sollten aus solidarischen Quellen oder von Ethikbanken stammen. Ein GWÖ-Unternehmen … Ein zentrales Ziel ist das Erreichen von Fairness gegenüber allen Berührungsgruppen. Die Ausgaben des Unternehmens werden dabei zu „Einkommen“ der Lieferant*innen, Mitarbeitenden und der Gesellschaft. Bei der Verwendung des verbleibenden Mittelüberschusses stehen der Einsatz für das Weiterbestehen und die Weiterentwicklung des Unternehmens und die Bildung notwendiger Risikorücklagen im Vordergrund. Eine Ausschüttung von Kapitalertrag sollte erst nach ausreichender Zukunftsvorsorge erfolgen. Ein GWÖ-Unternehmen … Die Transformation zu einer ökologisch nachhaltigen Gesellschaft verlangt die Berücksichtigung ökologischer Aspekte bei allen Investitionen, insbesondere die gezielte Umlenkung von Finanzflüssen zu ökologisch stark wirksamen Investitionen. Ebenso können Veranlagungen direkt in sozial-ökologische Projekte oder über Finanzdienstleister*innen erfolgen. Oft gehen die Wirkungen in beide Richtungen, sowohl sozial als auch ökologisch, daher können sie gemeinsam betrachtet werden. Ein GWÖ-Unternehmen … Ein Unternehmen lebt vom gemeinsam getragenen Sinn der unternehmerischen Tätigkeit, dem daraus entwickelten gemeinsamen Zukunftsbild und guter Zusammenarbeit. Dies gelingt vor allem durch gemeinsames Entscheiden, Mitgestalten und damit Mitverantworten – am besten durch Mitunternehmerschaft. Dieses Ziel kann durch eine passende Rechtsform unterstützt werden, die das Übernehmen oder Übertragen von Eigentumsanteilen im Sinne echter Mitunternehmerschaft erleichtert. Ein GWÖ-Unternehmen … Gelebte Menschenwürde zeigt sich in einer mitarbeitendenorientierten Unternehmenskultur, die auf Respekt, Wertschätzung und Vertrauen aufbaut. Vielfalt in der Belegschaft wird als Chance gesehen und genutzt. Es wird ein gesundheitsförderndes Arbeitsumfeld geschaffen. Der Mensch steht im Mittelpunkt und wird nicht als Produktionsfaktor gesehen. Ein GWÖ-Unternehmen … Arbeitsverträge regeln die Zusammenarbeit zwischen Organisation und Mitarbeitenden. Die Ausgestaltung und Zuweisung von Ressourcen wie Verdienst, Zeit, Sicherheit oder Balance hat einen erheblichen Einfluss auf die Leistungsbereitschaft, das Sicherheitsempfinden und das Wohlergehen der Mitarbeitenden. Die individuelle Ausgestaltung der Arbeitsverträge bei gleichzeitiger und weitgehender Selbstbestimmung der Mitarbeitenden ist erklärtes Ziel. Ein GWÖ-Unternehmen … Pionierunternehmen sind wesentliche Multiplikatoren zur Stärkung des ökologischen Bewusstseins der Mitarbeitenden. Daher kommt der Vorbildfunktion und der Anreizpolitik von Unternehmen zur Förderung des ökologischen Bewusstseins und Verhaltens im beruflichen Alltag der Mitarbeitenden eine Schlüsselrolle zu. Ein GWÖ-Unternehmen … Das Unternehmen bzw. die Organisation ist ein Ort der aktiven Teilhabe und Mitwirkung für alle Mitarbeitenden. Sämtliche Mitarbeitende können ihre Ideen, Anregungen oder Impulse einbringen und so Mitverantwortung übernehmen und zum Wohl des Unternehmens beitragen. Die Identifikation mit dem Unternehmen bzw. der Organisation steigt, und die Weisheit der Vielen wird genutzt. Ein GWÖ-Unternehmen … Kund*innen als Menschen mit ihren Bedürfnissen und Wünschen stehen im Vordergrund, nicht deren Potenzial als Umsatzträger*innen. Ziel ist die optimale Erfüllung des wirklichen Kund*innennutzens. Dies reicht von der kund*innenorientierten Produktentwicklung über die offenene Kommunikation auf Augenhöhe bis hin zur Barrierefreiheit bei sämtlichen Kontaktpunkten mit Kund*innen. Ethische Kund*innenbeziehungen umfassen auch den Verzicht auf Umsatz oder Gewinn, wenn es im Interesse der Kund*innen ist. Ein GWÖ-Unternehmen … Kooperation und Solidarität mit Mitunternehmen basiert auf einer wertschätzenden Grundhaltung sowie einem Verhalten auf Augenhöhe gegenüber anderen Unternehmen. Wettbewerb wird als sportliche Herausforderung in transparenter, respektvoller Weise und nicht als feindliche Verdrängung betrachtet und gelebt. Ein GWÖ-Unternehmen ... Durch Nutzung und Recycling sowie durch die endgültige Entsorgung von Produkten und Dienstleistungen entstehen oft negative ökologische Auswirkungen. Um diese Auswirkungen auf ein Minimum zu reduzieren, sollten Produkte und Dienstleistungen so gestaltet sein, dass sie sich möglichst weit in natürliche Kreisläufe einfügen (Konsistenz) und ein möglichst gutes Verhältnis von Nutzen- bzw. Bedürfnisbefriedigung zu negativen ökologischen Auswirkungen haben (Effizienz). Darüber hinaus ist vor allem ein maßvoller Konsum notwendig, um gesamtgesellschaftlich gesehen, die ökologischen Auswirkungen zu reduzieren (Suffizienz). Ein GWÖ-Unternehmen … Die Mitwirkung von Kund*innen kann Hinweise auf öko-soziale und nachhaltige Produktverbesserungen, Produkt- und Service-Innovationen sowie die künftige Entwicklung des Absatzmarktes geben. Kund*innen können ihre Erfahrungen dem Unternehmen direkt mitteilen oder untereinander teilen, wodurch der Einfluss der Kund*innen steigt. Transparente Informationen über die Inhaltsstoffe und Preisbestandteile machen die (Höher-)Wertigkeit deutlich und ermöglichen fundierte Kaufentscheidungen der Konsument*innen und die Meinungsbildung der interessierten Öffentlichkeit. Ein GWÖ-Unternehmen … Sinn und Zweck eines Gemeinwohl-Unternehmens ist es, ausschließlich Produkte und Dienstleistungen zu erzeugen bzw. anzubieten, die einen aktiven Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Das bedeutet, sie sind für ein physisch und psychisch gesundes sowie einfaches (suffizientes) Leben nötig und werden sozial verträglich und ökologisch so schonend wie möglich erzeugt. Darüber hinaus bieten Gemeinwohl-Unternehmen Lösungen für die größten Herausforderungen der Menschheit, z.B. Armutsbekämpfung, hochwertige Ernährung für alle Menschen, Bildung, Gesundheit und die Lösung sozialer Missstände. Ein GWÖ-Unternehmen … Jedes Unternehmen bzw. jede Organisation agiert in einem gesellschaftlichen Umfeld und innerhalb einer sozialen Gemeinschaft. Das Gemeinwesen (bestehend aus staatlichen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen) stellt wichtige Grundlagen für unternehmerisches Handeln zur Verfügung. Umgekehrt erwartet die Gesellschaft auch einen angemessenen Beitrag aller zur Erhaltung und Weiterentwicklung dieser Strukturen. Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Steuern und Abgaben gibt es eine breite Palette materieller oder immaterieller Leistungen, die Organisationen erbringen und damit das Gemeinwesen entweder fördern oder auch schädigen. Ein GWÖ-Unternehmen … Unternehmen können durch Veränderung ihrer internen Produktions-, Verarbeitungs- und Arbeitsprozesse und der damit verbundenen Reduktionen der ökologischen Auswirkungen einen wesentlichen Beitrag leisten, um der Überschreitung planetarer Grenzen entgegen zu wirken. Im Lebensweg stehen hier die internen Abläufe zwischen der Übernahme der Vorprodukte von den Lieferant*innen und der Übergabe der Produkte an die Kund*innen im Fokus. Ebenso kann das Produktdesign zur Reduktion dieser Auswirkungen beitragen. Ein GWÖ-Unternehmen … Transparenz und gesellschaftliche Mitentscheidung sollen in erster Linie Schaden von der Allgemeinheit durch Entscheidungen abwenden, die auf einem Mangel an verfügbaren Informationen und Fakten, mangelhaftem Argumentationsaustausch oder fehlenden Mitwirkungsmöglichkeiten der Betroffenen beruhen. Sie sollen ein lebensdienliches Miteinander in einer aufgeklärten, demokratischen, offenen und pluralistischen Gesellschaft fördern. Ein GWÖ-Unternehmen … Menschenwürde bedeutet für uns, dass jedes menschliche Wesen an sich wertvoll, schützenswert und einmalig ist, unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht und anderen Merkmalen. Der Mensch und letztendlich jedes Lebewesen hat eine Existenzberechtigung, verdient Wertschätzung, Respekt und Achtung. Das menschliche Individuum steht dabei über jeder Sache und Vermögenswerten. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Die Menschenwürde ist unabhängig von der Verwertbarkeit der menschlichen Arbeitskraft und „unantastbar“. Solidarität und Gerechtigkeit sind zwei nahestehende Werte, deren Gemeinsamkeit in Empathie, Wertschätzung und Mitgefühl mit anderen sowie im Recht auf Chancengleichheit liegt. Beide Werte zielen darauf ab, Ungerechtigkeit zu reduzieren, Verantwortung zu teilen und eine Balance zwischen Stark und Schwach herzustellen. Solidarität ... Gerechtigkeit ... Ökologie betrachtet die Beziehungen der Lebewesen zu ihrer Umwelt, welche gleichzeitig ihre Lebensgrundlage darstellt. Durch die Eingriffe des Menschen ist diese massiv bedroht. Unternehmen sind besonders gefordert, ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Diese soll den Bedürfnissen der heutigen Generation entsprechen, ohne die Möglichkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen. Die Nachhaltigkeit von Produkten und Dienstleistungen kann nur dann bewertet werden, wenn der gesamte Lebensweg betrachtet wird. Darunter verstehen wir aufeinanderfolgende Stufen eines Produktsystems – von der Rohstoffgewinnung oder Rohstofferzeugung (A3) über die Entwicklung, Herstellung oder Verarbeitung im Unternehmen bis zur Lieferung (E3), zur Verwendung durch die Kund*innen und der endgültigen Beseitigung des Produktes (D3). Für Dienstleistungen kann ein analoger Lebensweg definiert werden. Ökologische Nachhaltigkeit kann durch gezielte Investitionen verbessert werden und ist dann oft auch mit sozialen Veränderungen verbunden. Bei B3 werden daher (im Gegensatz zu den anderen Themen der ökologischen Nachhaltigkeit) sowohl der ökologische als auch der soziale Aspekt der Investitionen betrachtet. Transparenz ist eine Voraussetzung, damit mündige Berührungsgruppen mitentscheiden können. Unter Transparenz ist die Offenlegung aller für das Gemeinwohl bedeutender Informationen zu verstehen, insbesondere der kritischen Daten wie z.B. der Protokolle der Führungsgremien, der Gehälter, der internen Kostenrechnung, der Entscheidungen über Einstellungen und Entlassungen etc. Mitentscheidung beinhaltet die Mitwirkung der jeweiligen Berührungsgruppe an den Entscheidungen, vor allem bei jenen, die sie selbst betreffen. Die Betroffenen sollen zu Beteiligten gemacht und so weit wie möglich involviert werden. Dabei gibt es unterschiedliche Abstufungen von Anhörung und Konsultation über ein Vetorecht bis hin zu gemeinsamen konsensualen Entscheidungen. Diese Berührungsgruppe umfasst sowohl direkt zuliefernde Unternehmen als auch deren Lieferant*innen und damit grundsätzlich die gesamte Zulieferkette. Betrachtet werden alle Produkte und Dienstleistungen, die von anderen bezogen werden. Jedes Unternehmen kann durch Auswahl bei der Kaufentscheidung, durch Gestaltung von Vertragsbedingungen und durch Einflussnahme Mitverantwortung für seine Lieferant*innen übernehmen. Wie diese Mitverantwortung in der Praxis gelebt werden kann, hängt von realen Machtverhältnissen am Markt und der Entfernung in der Zulieferkette ab. Wesentlich ist es, bei zugekauften Produkten und Dienstleistungen besonders kritisch auf die Vorgänge in der Zulieferkette zu achten, wenn die Lieferungen entweder hohe wirtschaftliche Bedeutung für das Unternehmen haben oder für die eigenen Produkte wichtige bzw. risikobehaftete Bestandteile sind. Als Orientierung kann eine Auflistung der wesentlichsten Lieferant*innen des Unternehmens (bis zum Gesamtwert von ca. 80 % des Einkaufsvolumens) sowie der von diesen bezogenen Produkte und Dienstleistungen dienen. Besonders Produkte und Branchen mit sozialen oder ökologischen Risiken sind auch bei Kleinstmengen zu betrachten. Die Eigentümer*innen eines Unternehmens haben die Verfügungs- und Entscheidungsrechte, dafür aber auch Verantwortung und Haftung. Die Rolle der Eigentümer*innen ist abhängig vom jeweiligen Rechtssystem. Geldgeber*innen stellen Eigenkapital oder Fremdkapital zur Verfügung. Finanzdienstleister*innen sind Dienstleistungsunternehmen für Zahlungsverkehr, Versicherungen und Vermögens- bzw. Finanzberatung. Die Berührungsgruppe Mitarbeitende umfasst alle Personen, deren Tätigkeit für das Unternehmen in wesentlichen (= für die Tätigkeit unbedingt erforderlichen) Teilen im direkten Kontext des Unternehmens (räumliche, organisatorische und soziale Strukturen) steht und für die mindestens eines der folgenden Kriterien zutrifft: Unter der Berührungsgruppe der Kund*innen sind die Zielgruppen des Unternehmens zu verstehen, die mit den Produkten und Dienstleistungen angesprochen werden sollen, wie z.B. Nutzer*innen der Produkte und Dienstleistungen, Händler*innen und Endkund*innen sowie Auftraggeber*innen. Direkte Mitunternehmen sind in erster Linie jene Unternehmen, die mit ihrem Angebot dieselbe (regionale) Zielgruppe ansprechen. Darüber hinaus wird auch das Verhalten gegenüber sowie der Umgang mit Unternehmen anderer Branchen bzw. anderer Regionen beleuchtet. Die Berührungsgruppe E umfasst alle Gruppen, die nur mittelbar die Auswirkungen unternehmerischen Handelns spüren. Die Gruppe wird dabei so weit wie sinnvoll möglich gedacht, wobei sich Unterschiede bezüglich der einzelnen Werte ergeben:
A1 Menschenwürde in der Zulieferkette
A2 Solidarität und Gerechtigkeit in der Zulieferkette
A3 Ökologische Nachhaltigkeit in der Zulieferkette
A4 Transparenz und Mitentscheidung in der Zulieferkette
B1 Ethische Haltung im Umgang mit Geldmitteln
B2 Soziale Haltung im Umgang mit Geldmitteln
B3 Sozial-ökologische Investitionen und Mittelverwendung
B4 Eigentum und Mitentscheidung
C1 Menschenwürde am Arbeitsplatz
C2 Ausgestaltung der Arbeitsverträge
C3 Ökologisches Verhalten der Mitarbeitenden
C4 Innerbetriebliche Mitentscheidung und Transparenz
D1 Ethische Kund*innenbeziehung
D2 Kooperation und Solidarität mit Mitunternehmen
D3 Ökologische Auswirkungen durch Nutzung und Entsorgung von Produkten und Dienstleistungen
D4 Kund*innenmitwirkung und Produkttransparenz
E1 Sinn und gesellschaftliche Wirkung der Produkte und Dienstleistungen
E2 Beitrag zum Gemeinwesen
der jeweiligen Region erhöhen.E3 Reduktion ökologischer Auswirkungen
E4 Transparenz und gesellschaftliche Mitentscheidung
Menschenwürde
Solidarität und Gerechtigkeit
Ökologische Nachhaltigkeit
Transparenz und Mitentscheidung
Lieferant*innen
Eigentümer*innen und Finanzpartner*innen
Mitarbeitende
Kund*innen und Mitunternehmen
Gesellschaftliches Umfeld